2018.06 Polen Deutschland Niederlande Belgien

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Im Juni 2018 war ich drei Wochen durch Polen, Deutschland, Holland und Belgien unterwegs.

Voriges Jahr, auf meiner Reise nach Portugal, habe ich immer schon ein, zwei Tage im Voraus geplant und eine Unterkunft gebucht. Das war im Endeffekt ziemlich stressig, weil ich jeden Tag irgendwo sein musste und wenig Spielraum für Spontanität geblieben ist.

Diesen Stress wollte ich diesmal vermeiden und bin einfach nur losgefahren. Ich hatte bloß drei Fixpunkte auf dieser Reise:
– Nach langer Zeit wieder Kontakt mit Verwandten meiner Großmutter und Urgroßmutter in Norddeutschland aufzunehmen
– bei einer Freundin in Berlin vorbeizuschauen und
– meine holländischen Freunde Renate und Bart zu besuchen, die regelmäßige Leser meiner Berichte schon kennen

Alles dazwischen war relativ.

In der ersten Woche habe ich Polen befahren. Von Polen hatte ich wenig Ahnung.
Da war bloß ein Bild in meinem Kopf ..
– das was ich in der Schule im Geschichtsunterricht gelernt habe
– In meiner Kindheit waren die Polen mit dem Vorurteil behaftet, Autos zu stehlen. Vor Antritt meiner Reise wurden, vor allem von der älteren Generation, Witze darüber gemacht.
– Gastarbeiter, die nach Österreich kamen.
– Ich war vor vielen Jahren einmal beruflich in Warschau und kann mich noch dunkel an schlechtes, regnerisches Wetter und post-kommunistische Architektur erinnern.
Mein Bild von Polen war also grau und etwas bedrückt.

Die Wirklichkeit hat komplett anders ausgesehen. Ich war außerordentlich begeistert und weiß nicht, warum ich Polen nicht schon früher besucht habe. Wahrscheinlich geht es nicht nur mir so, dass man Dinge nicht tut, weil man irgendwann mal vor langer Zeit von anderen mit Vorurteilen geprägt wurde.
Das Beste was man tun kann ist, diese Vorurteile zu zerstören und das Bild durch eigene Erfahrungen zurechtzurücken.

Ich bin zuerst nach Nordosten gefahren, Wroclaw, Koronowo und Mragowo in den Masuren und dann an der Ostsee wieder nach Westen, Frauenburg, Danzig, Ustka, Międzyzdroje.

Das Wetter war sonnig und warm und das Motorradfahren war das reinste Vergnügen. Abseits der Hauptverkehrsverbindungen auf den kleinen, oft einspurigen, Landstraßen, welche sehr oft von Alleen gesäumt sind, gab es kaum Verkehr. Was besseres kann man sich kaum vorstellen.
Die Masurische Seenplatte ist ein landschaftlich wunderschöne Gegend, welche durch unterschiedliche Aktivitäten lockt und die man unbedingt mal besuchen sollte.
Die Nordsee Küste lädt zum Fahrrad fahren und baden ein.
Da das Wetter so schön war, habe ich meist gecampt. Campingplätze gibt es genug.

In Berlin war es etwas stressig. Nach einer Woche, in der ich kaum Verkehr hatte und nur in der freien Natur war, musste ich in der Stadt dauernd aufpassen, nicht in andere Personen reinzulaufen oder von Fahrrädern oder Autos überfahren zu werden.

Mit Agnes, einer Freundin, die in Berlin wohnt, war ich 2 Tage im Spreewald paddeln. Eine schöne Gegend, welche von Kanälen durchzogen ist und von Berlin aus in nur 1 Stunde mit dem Zug zu erreichen ist. Also auch für einen Tagesausflug sehr geeignet.

Eine einheimische Person hat mir erzählt, dass wenn die Kanäle im Winter zugefroren sind, die Leute eislaufen. Ich stelle mir das fantastisch vor.
Als ich gefragt habe, ob das nicht gefährlich ist, falls man einbricht, wurde mir, wegen der geringen Tiefe des Wassers, geantwortet: „Wer im Spreewald ersäuft ist einfach nur zu faul zum Aufstehen.“

Ich bin dann weiter Richtung dänischer Grenze, wo die Verwandten meiner Urgroßmutter und Großmutter leben.
Dann weiter nach Holland, wo ich mich wieder mal mit Renate und Bart getroffen habe.

Die vorletzte Station war Brügge in Belgien.
Auf dem Weg dahin wieder mit einem Zwischenfall. Ich hatte schon die Tage davor etwas Schwierigkeiten. Das Motorrad ist immer wieder an einer Ampel oder Kreuzung abgestorben.
Irgendwo mitten zwischen Amsterdam und Brügge habe ich eine Pause gemacht und das Motorrad lies sich nicht mehr starten.
Die Batterie schien komplett leer. Dachte bloß: Verdammt, hoffentlich ist die Lichtmaschine nicht kaputt.
Glück im Unglück gab es keine 100 Meter weiter einen Bauernhof und Campingplatz. Ich habe mein Motorrad dort hin geschoben und begonnen die Verkleidung abzubauen.
Die Kontakte der Batterie waren sehr verdreckt. Die Paste, welche eigentlich die Kontakte schützen sollte, war komplett kristallisiert.
Ich habe alles sauber gemacht. Währenddessen ist der Eigentümer dahergekommen, hat mir Schraubenzieher geborgt und mit seinem Auto Fremdstart gegeben. Sobald ich die Starterkabel vom Motorrad genommen habe, ist das Motorrad aber sofort wieder abgestorben.
Ich dachte, die Batterie muss kaputt sein, hatte schon wieder alles angeschraubt und mich damit abgefunden am Campingplatz zu übernachten.
Es war Sonntag. Der Eigentümer hat mir gesagt, dass etwa 20-30km weiter eine Geschäft für Auto und Motorradzubehör ist und er mich am nächsten Tag dorthin fahren kann.
Ein letztes Mal drücke ich den Start Knopf, ein kleines aufblitzen der Instrumente.
Ich denke mir, vielleicht sind es doch die Kontakte zur Batterie, die noch nicht ganz sauber sind. Nochmal schraube ich die Verkleidung ab und reinige die Kontakte so gut ich nur kann.
Dem Eigentümer sage ich: Wir probieren es ein letztes Mal und dann ist Schluss.
Das Motorrad läuft und läuft auch weiter, als ich die Starterkabel wegnehme. Ich freue mich und drehe eine kleine Runde. Alles scheint ok.
Das Motorrad lasse ich laufen während ich alles wieder anschraube und einpacke.
Ich frage noch, was ich schuldig bin. Er meint nur: Ein Lächeln. Das hat er gekriegt.
Bis Bruegge traue ich mich nicht mehr anzuhalten. Die Batterie ging Wochen später doch komplett kaputt.

In Bruegge ist die Infrastruktur sehr auf das Fahrradfahren ausgelegt. Großzügige Radwege ziehen sich durch die ganze Stadt.
Jedoch habe ich die Fahrradfahrer gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, seien es Fußgänger oder Autos, als arrogant empfunden, als hätten sie überall uneingeschränkt Vorrang. Vielleicht liege ich auch falsch.

Interessant war noch, dass die Schifffahrt dem anderen Verkehr gleichberechtigt ist. Brücken wurden alle 10-15 Minuten hochgeklappt, damit die Schiffe in den Kanälen durchfahrt haben.

Vormittags, ich war noch in Belgien, quasi auf dem Weg nach Hause, erhalte ich eine Nachricht.
Ein anderer Teil unserer Verwandten, welche mehr in der Mitte Deutschlands leben, haben erfahren haben, dass ich unterwegs bin und waren der Meinung, das geht nicht, dass ich nicht vorbeikomme.
Also passe ich meine Route noch etwas an und mache noch einen sehr netten Zwischenstopp in der Nähe von Fulda.

Alles in allem eine sehr schöne und entspannte Reise, wo ich wieder neue Ecken in Europa kennengelernt habe und eine gute Zeit mit Verwandten und Freunden verbracht habe.